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Optimierung von Nichtigkeits- und Verletzungsverfahren: Fragenkatalog an interessierte Kreise zum 2. Patentrechtsmodernisierungsgesetz

Am 28. Oktober 2020 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentrechts (2. Patentrechtsmodernisierungsgesetz) veröffentlicht [1]. Dieser sieht unter anderem die Optimierung von Nichtigkeits- und Verletzungsverfahren in Patentsachen vor.

Während in den meisten Europäischen Staaten in Verletzungsverfahren auch etwaige Einwände gegen die Rechtsbeständigkeit des Patents geprüft werden, ist hierzu in Deutschland ein paralleles Patentnichtigkeitsverfahren erforderlich. Verletzungsfragen sind von den jeweils zuständigen Zivilgerichten zu klären, wohingegen für Nichtigkeitsklagen gegen Patente allein das Bundespatentgericht in München erstinstanzlich zuständig ist. Durch dieses duale System kann eine etwaige Patentnichtigkeit nicht unmittelbar als Verteidigungsstrategie im Verletzungsverfahren durchgreifen. Allerdings können Verfahren wegen einer mutmaßlichen Patentverletzung vor dem Hintergrund einer Nichtigkeitsklage so lange ausgesetzt werden, bis eine Entscheidung im Parallelverfahren getroffen wurde. Da eine etwaige Nichtigkeit ex tunc eintritt, wäre in diesem Fall die Verletzungsklage automatisch zurückzuweisen. In der Praxis machen deutsche Gerichte von dieser Möglichkeit der Aussetzung jedoch nur ungern Gebrauch. Anders liegt dies im EV-Verfahren: Ein Verletzungsgericht wird keine einstweilige Verfügung erlassen, sofern es Zweifel an der Rechtsbeständigkeit des Patents gibt.

Das 2. Patentrechtsmodernisierungsgesetz bezweckt unter anderem die Optimierung und bessere Synchronisation solcher parallelen Verfahren. Zum einen ist eine Änderung von §§ 82, 83 PatG dergestalt vorgesehen, dass Nichtigkeitsverfahren beschleunigt und in diesem Zuge erteilte richterliche Hinweise des Bundespatentgerichts von Amts wegen einem im Falle eines parallel anhängigen Verletzungsverfahrens zuständigen anderen Gerichts übermittelt werden. Zum anderen ist eine weitere Änderung im Zusammenhang mit § 81 Abs. 2 S. 1 PatG denkbar. Diese Vorschrift verbietet eine Nichtigkeitsklage, solange die Einspruchsfrist von 9 Monaten gegen das zugrunde liegende Patent noch nicht abgelaufen bzw. ein laufendes Einspruchsverfahren noch anhängig ist (siehe hierzu § 59 Abs. 1 PatG bzw. Art. 99 Abs. 1 EPÜ). Gemäß der Rechtsprechung des BGH ist diese Regelung auf Einspruchsverfahren gegen europäische Patente nach dem EPÜ übertragbar. Sie bewirkt, dass der Verletzungsbeklagte daran gehindert sein kann eine parallele Nichtigkeitsklage zu erheben. Aus diesem Grund wurde in einigen Stellungnahmen zum Regierungsentwurf die Forderung erhoben, § 81 Abs. 2 S. 1 PatG zu streichen.

Vor einer Woche, am 11. Januar 2021, hat das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz (BMJV) deshalb einen Fragenkatalog zu einer etwaigen Modifizierung des § 81 Abs. 2 S. 1 PatG an interessierte Kreise übermittelt.[2] Die darin enthaltenen Fragen behandeln einerseits das praktische Bedürfnis und andererseits die mögliche rechtliche Umsetzung einer Modifizierung dieser Vorschrift. Bis zum 28. Januar 2021 können dem BMJV entsprechende Antworten übermittelt werden.

[1] Siehe https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RegE_PatMog2.pdf

[2] Siehe http://www.bdr-online.de/bdr/images/stories/1recht2021/Fragenkatalog_zu__81_Abs_2_S_1.pdf

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Autoren

Dr. Marco Stief

Partner

Rechtsanwalt

LL.M. University of Chicago