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T 1798/13 Das „Wetter“ ist kein technisches System, das der Fachmann verbessern kann

Erneut haben die Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts eine Entscheidung erlassen, in der die Bedeutung des technischen Charakters einer Erfindung für die Patentierbarkeit hervorgehoben wird.

Die Erfindung betrifft die Vorhersage des Wertes eines strukturierten Finanzproduktes basierend auf Wetterdaten. Die Werte dieser Produkte basieren auf spezifischen Messwerten wie Temperatur, Niederschlag, Sonnenstunden, Heizgradtage, Kühlgradtage oder Windgeschwindigkeit.

Die Prüfungsabteilung war der Ansicht, die Erfindung habe zwei Aspekte, nämlich a) die Definition und Berechnung einer Wettervorhersage und b) die Definition und Berechnung des Einflusses der Wettervorhersage auf ein bestimmtes Finanzprodukt. Sie konnte kein technisches Problem finden, das durch die Umsetzung eines dieser beiden Aspekte gelöst wurde.

Der Anmelder argumentierte, dass die technischen Schritte der Erfindung die Berechnung von Referenz-Wetterdaten auf der Grundlage physikalischer Messungen, die Verarbeitung von Daten und die Erstellung von Wettervorhersagedaten, sowie die Bereitstellung eines neuartigen Qualitätsindikators, der die vorhergesagten mit den Referenzwetterdaten vergleicht, umfassen.

Die Beschwerdekammer stimmt zu, dass ein System zur Wettervorhersage, das z.B. Sensoren zur Messung spezifischer Wetterdaten umfasst, technischen Charakter hat. Die Erfindung stützt sich jedoch auf die Verwendung bereits gemessener Wetterdaten.

Das zweite Argument des Anmelders ist im Wesentlichen, dass eine Verbesserung der Wetterdaten durch deren Berechnung und Weiterverarbeitung ebenfalls technischen Charakter hat. Nach Ansicht der Beschwerdekammer führt dieses Argument zur Kernfrage im vorliegenden Fall, nämlich ob die Verbesserung der Genauigkeit einer Wettervorhersage basierend auf bestimmten Daten technisch bedingt ist.

Die Beschwerdekammer ist der Ansicht, dass dies nicht der Fall ist. Das „Wetter“ ist kein technisches System, das der Fachmann verbessern kann.

Es handelt sich um ein physikalisches System, das modelliert werden kann in dem Sinne, dass gezeigt wird, wie es funktioniert. Nach Ansicht der Beschwerdekammer ist diese Art der Modellierung eher eine Entdeckung oder eine wissenschaftliche Theorie, welche nach Artikel 52(2)(a) EPÜ ausgeschlossen sind.

Dieser Fall zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist bei der Ausarbeitung einer Patentanmeldung sicherzustellen, dass die Erfindung ausreichend technischen Charakter hat.

Die Beiträge im Maiwald-Blog stellen lediglich einen Überblick zu aktuellen rechtlichen Themen, Gesetzgebungsvorhaben sowie Rechtsprechung dar und dienen der allgemeinen Information und ersetzen keinesfalls eine konkrete Beratung im Einzelfall. Wenn Sie Fragen zu den hier angesprochenen oder anderen Themen und Rechtsgebieten haben, steht Ihnen Ihr persönlicher Ansprechpartner bei Maiwald oder der jeweils im Beitrag genannte Verfasser gerne jederzeit zur Verfügung.

Kontakt aufnehmen

Autoren

Dr. Laura-Nadine Schuhmacher

Associate

Patentanwältin

M.Sc. Molecular Biosciences

Dr. Andrea Lasar

Partnerin

Patentanwältin

European Patent Attorney

EPG-Vertreterin

Diplom-Biologin