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Offshore-Windenergie und Territorialitätsprinzip aus deutscher Sicht

Claus Schindele befasst sich mit den rechtlichen Komplikationen des Patentschutzes im Offshore-Windsektor, insbesondere mit Blick auf Deutschland und Großbritannien

Der Patentschutz im Offshore-Windenergiesektor ist eine große Herausforderung, die aufgrund der territorialen Gegebenheiten und Bestimmungen eine Reihe von Hürden mit sich bringt.

Die Offshore-Windenergie umfasst sowohl die traditionelle Offshore-Windenergie, bei der die Turbinen auf festen Fundamenten im Meeresboden installiert sind, als auch die schwimmende Windenergie, bei der eine am Meeresboden verankerte schwimmende Plattform als Basis für eine oder mehrere Turbinen dient. Da die schwimmende Windkraft die Möglichkeit eröffnet, Windenergie in Gebieten mit Wassertiefen von mehr als 60 Metern zu nutzen, was mit herkömmlichen Strukturen nicht möglich wäre, ergibt sich ein enormes Potenzial in Bezug auf Offshore-Standorte.

Aufgrund dieses Potenzials und der noch nicht etablierten Technologie sind schwimmende Windkraftanlagen auch Gegenstand zahlreicher Patentanmeldungen. Nach den Statistiken des EPA und der Internationalen Agentur für erneuerbare Energien gehören schwimmende Fundamente mit 49 % aller internationalen Patentfamilien zur Offshore-Windenergie zu den wichtigsten Technologien, gefolgt von Transport, Installation und Errichtung.

Es stellt sich die Frage, welche Fallstricke für gewerbliche Schutzrechte und vor allem für den Patentschutz bestehen, insbesondere aufgrund der küstenfernen Standorte der Offshore-Windkraftanlagen.

Räumlicher Geltungsbereich von europäischen und deutschen Patenten

Grundsätzlich hat ein Patent eine Monopolwirkung für den Staat oder das Gebiet, für das es erteilt wurde.

Das deutsche Patentgesetz spricht in diesem Zusammenhang vom „Anwendungsbereich“, ohne diesen näher zu spezifizieren. Unstrittig ist, dass das Inland – also das tatsächliche Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland – vom Anwendungsbereich umfasst ist; anerkannt ist jedoch, dass der Wirkungskreis über das tatsächliche Staatsgebiet des jeweiligen Gesetzgebers bzw. bei Vertragsverbänden über die Staatsgebiete der Mitgliedsstaaten hinausgeht. Art. 5 Abs. 1 der EU-Patentverordnung beispielsweise bezieht sich auf das Gebiet der teilnehmenden Mitgliedstaaten. Nach der herrschenden deutschen Rechtsauffassung umfasst das Hoheitsgebiet auch die Hoheitsgewässer (12-Seemeilen-Zone), den Meeresboden und den dazugehörigen Luftraum.

In ähnlicher Weise besagt das britische Patentgesetz von 1977, dass die Hoheitsgewässer des Vereinigten Königreichs als Teil des Vereinigten Königreichs zu behandeln sind. Die Offshore-Windparks in der Deutschen Bucht liegen jedoch alle (abgesehen von Ausnahmen wie Riffgat) außerhalb der 12-Seemeilen-Zone in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ). In anderen Ländern mit steileren Küsten, wie z.B. Portugal, sind die Hoheitsgewässer wichtiger, aber die topographisch bedingte Ausrichtung auf schwimmende Windenergie wird auch hier dazu führen, dass fast alle Anlagen außerhalb der Hoheitsgewässer errichtet werden.

Teil V, Artikel 57 des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen definiert die AWZ als das Meeresgebiet seewärts der Hoheitsgewässer im Prinzip bis zu einem Maximum von „200 Seemeilen von den Basislinien, von denen aus die Breite der Hoheitsgewässer gemessen wird“. Nach Artikel 56 (1) des Übereinkommens hat der Küstenstaat in der AWZ souveräne Rechte, unter anderem zum Zweck der wirtschaftlichen Nutzung des Gebietes, wie zum Beispiel der Gewinnung von Energie aus Wasser, Strömung und Wind. Diese Hoheitsrechte sind daher mit besonderen Zwecken belastet. Artikel 56 (2) des Übereinkommens begründet auch Hoheitsrechte ohne besonderen Zweck.

Im Bereich der Offshore-Windenergie ist der Buchstabe i) über „den Bau und die Nutzung von künstlichen Inseln, Anlagen und Bauwerken“ von besonderer Bedeutung für den Bau von Energieinseln wie der Energieinsel Bornholm oder der Prinzessin-Elisabeth-Insel.

Aus rechtlicher Sicht ist die AWZ daher nicht Teil des Staatsgebiets. Ein Küstenstaat hat in der AWZ nur zweckgebundene Hoheitsrechte und hoheitliche Befugnisse.

Für die nächsten zwei Jahrzehnte ist davon auszugehen, dass schwimmende Windenergieanlagen aufgrund der Wassertiefen und des erforderlichen Stromanschlusses nur innerhalb der 200-Seemeilen-Grenze und nicht auf hoher See errichtet werden. Die rechtliche Situation auf hoher See wird daher hier nicht weiter betrachtet.

Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob schwimmende Windkraftanlagen als Schiffe zu betrachten sind. Würde man diese Frage bejahen, so wäre auf der Grundlage von Art. 94 Abs. 2 lit. b) des Übereinkommens die Einflaggung, d.h. das Land, in dem das Schiff registriert ist, für die Anwendung des jeweiligen nationalen Rechts maßgeblich.

Auch in den Kommentaren zum Patentrecht besteht Einigkeit darüber, dass sich das Patentrecht unmittelbar auf Schiffe erstreckt. Das deutsche Recht kennt keine Legaldefinition des Begriffs „Schiff“. Der Bundesgerichtshof definierte 1951 ein Schiff im Rechtssinne als „jedes schwimmfähige, hohle Wasserfahrzeug von nicht unbedeutender Größe […], dessen Zweck es mit sich bringt, dass es auf dem Wasser bewegt wird. Der andere Zweck in Verbindung mit dem festen Standort spricht daher gegen die Betrachtung einer schwimmenden Windkraftanlage als Schiff. Schwimmende Windkraftanlagen bleiben in der Regel während ihrer Lebensdauer von 20 oder 25 Jahren an einem Ort, und ihr Zweck ist die Stromerzeugung und nicht die Bewegung auf dem Wasser. Es spricht also viel dafür, dass schwimmende Windkraftanlagen nicht als Schiffe zu betrachten sind, so dass eine direkte Anwendung des Patentrechts nicht möglich ist.

Aufgrund des offenen Wortlauts von Artikel 60 (2) des Übereinkommens wird das Patentrecht des jeweiligen Küstenstaates auf verschiedene Situationen in der AWZ ausgedehnt werden können. Fraglich ist jedoch, ob eine ausdrückliche Erstreckung erforderlich ist oder ob dies automatisch im Sinne des Art. 20 Abs. 3 GG erfolgen könnte. Grundsätzlich problematisch ist, dass Artikel 56 (1) der Konvention die Hoheitsrechte durch das Erfordernis besonderer Zwecke einschränkt. Für gewerbliche Schutzrechte, insbesondere im Patentrecht, gibt es solche Beschränkungen nicht. Bei Windenergieanlagen wird jedoch der Zweck der „Nutzung des Gebietes wie der Erzeugung von Energie aus Wasser, Strömung und Wind“ automatisch erfüllt.

Es ist nicht geklärt, ob eine automatische Verlängerung von Patentrechten unter besonderen Umständen möglich ist. Das Landgericht Hamburg hat jedoch am 26. April 2018 entschieden, dass sich der Anwendungsbereich des deutschen Patentgesetzes nicht auf die deutsche AWZ erstreckt. Begründet wurde dies unter anderem mit einem Urteil des Landgerichts Mannheim vom 5. Juli 2016 und dem Territorialitätsprinzip. Dass die AWZ nicht zum Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland gehört, hatte bereits das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 26. April 2010 festgestellt.

Vergleichbare Rechtslage im Vereinigten Königreich

Der territoriale Geltungsbereich des Patentgesetzes von 1977 war auch in einem Rechtsstreit zwischen Siemens Gamesa Renewable Energy A/S und GE Energy (UK) Ltd. entscheidend.

Siemens Gamesa Renewable Energy A/S machte geltend, dass die unabhängigen Ansprüche des europäischen Patents EP2657519B1 durch die Windturbine GE Haliade X verletzt würden. EP2657519B1 beansprucht sowohl eine Windkraftanlage (Anspruch 1) als auch eine Rotornabe (Anspruch 9). Der Verletzungsgegenstand sei zum einen die fertig montierte Windturbine auf der Dogger Bank und zum anderen die Rotornabe als solche, wobei letztere in einem Hafen im Vereinigten Königreich gelagert werde. Darüber hinaus wurde ein „Bausatz“-Argument geltend gemacht, obwohl das Patent keinen Bausatzanspruch enthielt. Infolgedessen war die Klage sowohl wegen mangelnder Rechtsbeständigkeit als auch wegen mangelnder Verletzung erfolglos.

Der Fall ist besonders relevant, da sich die Haliade X-Windturbinen auf der Dogger Bank vor der Nordostküste Englands in der AWZ befinden. Eine wichtige Frage in diesem Verfahren war daher, ob Dogger Bank in den territorialen Anwendungsbereich des Patentgesetzes von 1977 fällt.

Richter Meade (am High Court of England and Wales) vertrat die Auffassung, dass, wenn das Siemens-Patent gültig gewesen wäre und die GE-Turbinen in den Geltungsbereich der Ansprüche gefallen wären, die Aktivitäten von GE auf der Dogger Bank dennoch keine Patentverletzung dargestellt hätten, da der Windpark nicht in den territorialen Geltungsbereich des Patentgesetzes von 1977 fiel.

Der territoriale Geltungsbereich des Patentgesetzes von 1977 wurde vor dem Hintergrund des Festlandsockelgesetzes von 1964, das die Doggerbank einschließt, und des Erdölgesetzes von 1998 erörtert. Die Ausdehnung des Patentgesetzes von 1977 wird jedoch durch das Erdölgesetz von 1998 auf „Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Erkundung oder Ausbeutung der natürlichen Ressourcen des Ufers oder des Meeresbodens, auf die dieser Abschnitt Anwendung findet, oder des darunter liegenden Untergrunds“ beschränkt (Abschnitt 11(1)-(2)).

Richter Meade warf die Frage auf, ob die Errichtung von Windkraftanlagen auf der Doggerbank unter die im Petroleum Act 1998 festgelegte Zweckbindung fällt. Auch das Übereinkommen wurde erörtert. Richter Meade vertrat jedoch die Auffassung, dass die Bestimmungen des Übereinkommens nicht über den im Petroleum Act 1998 vorgesehenen Zweck hinausgehen. Außerdem wurde das Argument zurückgewiesen, dass die Verankerung von Windturbinen unter der Erde als solche eine Ausbeutung darstelle.

Der springende Punkt war, dass das Übereinkommen die Küstenstaaten zwar ermächtigt, Gesetze zur Nutzung des Festlandsockels für die Energiegewinnung aus Wasser, Strömung und Wind zu erlassen, das Vereinigte Königreich davon aber keinen Gebrauch gemacht hat: Das Patentgesetz von 1977 wurde nicht durch ein entsprechendes Gesetz auf die AWZ ausgedehnt.

Zusammenfassend ist der Geltungsbereich deutscher und europäischer Patente in Bezug auf die AWZ als sehr begrenzt, aber auch nicht abschließend geklärt anzusehen. Gesetzliche Regelungen zur Ausweitung der AWZ wären jedoch jederzeit möglich und es ist nicht auszuschließen, dass schwimmende Windenergieanlagen als Schiffe angesehen werden könnten, auch wenn gute Gründe gegen diese Rechtsauffassung sprechen.

Praktische Empfehlungen

Diesen Besonderheiten und Beschränkungen sollte mit maßgeschneiderten Patentansprüchen so gut wie möglich Rechnung getragen werden. Bausatzansprüche sind in jedem Fall sinnvoll, auch wenn der hier angesprochene Streit vielleicht nicht zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Darüber hinaus sollten die Ansprüche auch verschiedene Montageschritte, d. h. Zwischenprodukte, berücksichtigen.

Die mittelbare Patentverletzung – wie sie z.B. in § 10 PatG (ähnlich wie im PatG 1977) vorgesehen ist – ist nicht hilfreich, da sie davon abhängt, ob ein Erzeugnis zur Benutzung der Erfindung in Deutschland geliefert wurde. Die entsprechenden Regelungen zur mittelbaren Patentverletzung nach Artikel 26 Abs. 1 des Übereinkommens über ein einheitliches Patentgericht sind insofern vorteilhaft, als sich der Inlandsbezug auf alle teilnehmenden Mitgliedsstaaten bezieht.

Hinsichtlich der Anmeldestrategie sollte auch bedacht werden, dass aufgrund der zunehmenden industriellen Bedeutung der Offshore-Windenergie eine Ausweitung des Patentschutzes auf die AWZ ein mögliches Szenario ist.

Dieser Artikel wurde ursprünglich auf ManagingIP veröffentlicht. Sie können ihn hier finden.

Autoren

Dr. Claus Schindele

Partner

Patentanwalt

European Patent Attorney

EPG-Vertreter

Diplom-Chemiker