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EuGH urteilt über SPCs für neue therapeutische Verwendungen

Eines der kontrovers diskutierten Themen im SPC-Bereich ist, ob die Entwicklung eines bekannten Wirkstoffs für eine neue therapeutische Verwendung die Erteilung eines SPC rechtfertigt.

Vor einigen Jahren nahm der EuGH in „Neurim“ (C130/11) eine recht liberale Haltung an, da er befand, dass die Erteilung eines SPC für eine bestimmte Verwendung eines Erzeugnisses, für die eine Zulassung erteilt wurde, nicht bereits deshalb ausscheidet, weil für eine andere Verwendung dieses Erzeugnisses schon eine Zulassung als Tierarzneimittel erteilt worden war, sofern diese Verwendung in den Schutzbereich des Grundpatents fällt, auf das sich die Anmeldung des SPC bezieht. Diese liberale Haltung wurde nun in der Entscheidung „Santen“ (C 673/18) explizit aufgegeben.

Der EuGH befand, dass in dem vorliegenden Fall das Erfordernis des Artikels 3d der VO 469/2009, der verlangt, dass die mit der SPC-Anmeldung vorgelegte Zulassung die erste Genehmigung für das Inverkehrbringen dieses Erzeugnisses als Arzneimittel ist, nicht erfüllt ist:

Art. 3 Buchst. d der Verordnung (EG) Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel ist dahin auszulegen, dass eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nicht als erste Genehmigung für das Inverkehrbringen im Sinne dieser Bestimmung angesehen werden kann, wenn sie eine neue therapeutische Verwendung eines Wirkstoffs oder einer Wirkstoffzusammen­setzung betrifft, der bzw. die bereits Gegenstand einer Genehmigung für das Inverkehr­bringen einer anderen therapeutischen Verwendung war.

In den Erwägungen zur Entscheidung legte der EuGH den Begriff „Erzeugnis“ gemäß Artikel 1b der VO 469/2009 dahingehend eng aus, dass er sich auf einen Wirkstoff oder eine Wirkstoffzusammen­setzung bezieht und nicht auf die therapeutische Verwendung eines durch das Grundpatent geschützten Wirkstoffs oder einer durch dieses Patent geschützten Wirkstoffzusammensetzung.

Es ist zu erwarten, dass diese Entscheidung weitreichende Auswirkungen auf den Generika- und Biosimilarmarkt haben wird, da sie den Originatoren nicht mehr erlaubt, durch Anmeldung eines SPC gestützt auf eine neue therapeutische Anwendung den Schutz für einen bestimmten Wirkstoff zu verlängern. Auch die Validität bereits erteilter SPCs, die sich auf eine neue therapeutische Anwendung stützen, scheint fraglich. Es wird daher empfohlen, die SPC-Situation für ein bestimmtes Produkt im Lichte dieser Entscheidung zu prüfen.

Die Beiträge im Maiwald-Blog stellen lediglich einen Überblick zu aktuellen rechtlichen Themen, Gesetzgebungsvorhaben sowie Rechtsprechung dar und dienen der allgemeinen Information und ersetzen keinesfalls eine konkrete Beratung im Einzelfall. Wenn Sie Fragen zu den hier angesprochenen oder anderen Themen und Rechtsgebieten haben, steht Ihnen Ihr persönlicher Ansprechpartner bei Maiwald oder der jeweils im Beitrag genannte Verfasser gerne jederzeit zur Verfügung.

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Autoren

Dr. Andrea Lasar

Partnerin

Patentanwältin

European Patent Attorney

EPG-Vertreterin

Diplom-Biologin