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EuGH-Vorlage: Keine einstweiligen Verfügungen für neu erteilte Patente?

Das LG München wendet sich mit seiner jüngsten Vorlagefrage an den EuGH gegen eine seiner Ansicht nach zu restriktive Praxis oberer Gerichte in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes in Patentsachen. Demnach werde mittlerweile faktisch eine zweite Prüfung des Patents (neben dem Erteilungsverfahren) gefordert, damit die Voraussetzungen zum Erlass einer einstweiligen Verfügung erfüllt sind.

Neben der vorzubringenden Patentverletzung und der Dringlichkeit müssen Patentinhaber die Rechtsbeständigkeit ihres Schutzrechts glaubhaft machen können. Mehrere Oberlandesgerichte forderten inzwischen grundsätzlich, dass dazu neben der Prüfung der Patentfähigkeit im Erteilungsverfahren eine Bestätigung der Patentierbarkeit erbracht wird, nämlich in Form eines überstandenen Einspruchs- bzw. Beschwerdeverfahrens vor dem Europäischen Patentamt (EPA) oder eines überstandenen Nichtigkeitsverfahrens vor dem Bundespatentgericht (BPatG). Das hält das LG München in einem aktuellen Verfahren für unvereinbar mit der Durchsetzungs-Richtlinie 2004/48/EG (Beschluss vom 19.01.2021, Az. 21 O 16782/20). [1]

Insbesondere verstoße diese Praxis gegen Art. 9 Abs. 1 der Durchsetzungs-Richtlinie, der sicherstellen soll, dass gegen einen Patentverletzer eine einstweilige Maßnahme angeordnet werden kann, um die Fortsetzung einer Patentverletzung zu untersagen. Dies werde insbesondere bei gerade erst erteilten Patenten aber unmöglich gemacht, wenn man hierzu ein Rechtsbestandsverfahren einfordere. Denn sowohl Einspruchs- als auch Nichtigkeitsverfahren können erst nach Patenterteilung angestoßen werden und damit naturgemäß bei jüngeren Patenten noch nicht durchlaufen worden sein. Aber auch viele ältere Patente seien bislang nicht angegriffen worden und der Patentinhaber habe gar keinen Einfluss darauf, ob Dritte Einspruch gegen die Erteilung einlegen oder Nichtigkeitsklage erheben. Die Durchsetzung seines Patents im Wege einstweiliger Maßnahmen sei somit letztlich gerade nicht sichergestellt.

[1] Siehe https://www.justiz.bayern.de/gerichte-und-behoerden/landgericht/muenchen-1/presse/2021/1.php

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Autoren

Dr. Marco Stief

Partner

Rechtsanwalt

LL.M. University of Chicago